Viele Patienten, die auf NDT, natürliche Schilddrüsenhormone umstellen wollen, sorgen sich um ihren rT3-Wert. Andere haben Angst vor L-Thyroxin oder T4-Monotherapie, weil sie glauben, es würde ihren rt3 erhöhen und ihnen schaden. Was stimmt nun? Was sagt der rt3-Wert tatsächlich aus? 

Bildung von rT3 im Körper

Ich habe mich als erstes bei Dr. John C. Lowe in seinem Standard-Werk: “The Metabolic Treatment of Fibromyalgia” schlau gemacht.

Eine gesunde Schilddrüse produziert pro Tag etwa 1,2-4,2 mcg rT3. Das Körpergewebe produziert pro Tag durch Deiodasen weitere 40 mcg rT3. Fast alles rt3 ist im Blut an Proteine gebunden und nur ungefähr 0,3 Prozent davon zirkulieren als freies rT3 im Körper.

Der rT3 hat tatsächlich auch eine geringe kalorigene Aktivität, sie beträgt ungefähr 5% vom T4. 

Gesunde Normwerte von rT3

Lt. Studien liegt eine normale und gesunde Normspanne des rT3 zwischen 150-450 pg/ml. Das geben verschiedene Studien so an.

Studie (1) gibt 20 ng/dl – 40 ng/dl an (entspricht 200-400 ng/ml).

Studie Stockigt(2) gibt 15 ng/dL – 45 ng/dL an (entspricht 150-450 ng/ml).

Studie Skovsted(3) gibt 25-39 ng/100 ml an (entspricht 250-390 ng/ml).

Erfahrungsgemäß haben die meisten Patienten auch in dieser Normspanne ihren rT3-Wert liegen und sind deswegen umsonst beunruhigt oder verängstigt, da im Internet teilweise falsch niedrig-normale Normobergrenzen für einen gesunden rT3-Wert kursieren.

Was bedeutet Pooling für den rT3-Wert?

Dr. John C. Lowe beschreibt weiterhin einen Fall einer 33-jährigen Frau aus der Comtois-Studie(4). Sie wurde wegen Cushing – einer übermäßig hohen Cortisolresektion – operiert und entwickelte nach der Operation eine sekundäre Nebenniereninsuffizienz. Ihr T3-Level war nun erhöht und ihr rT3 war gleichzeitig niedrig. 

Dies ist übrigens auch eine typische Pooling-Wertekonstellation unter NDT – niedriges T4 und erhöhtes fT3. Das kann vorkommen, wenn es aufgrund von Cortisolmangel zu einer erhöhten Umwandlung von T4 in T3 kommt. Ein erhöhtes rT3 über 400 ng/ml sollte in diesem Fall eher nicht vorliegen.

Wann steigt oder sinkt der rT3-Wert?

Bei einer unbehandelter Schilddrüsenunterfunktion ist der rT3 niedrig. Wenn am Anfang einer Unterfunktion eine sogenannte kompensatorische Umwandlungssteigerung von T4 in T3 einsetzt, dann sinkt der rT3-Wert eher, da vermehrt T4 in T3 umgewandelt wird. 

Bei einer Substitutionstherapie mit L-Thyroxin, auch bei TSH-supprimierenden Dosierungen mit L-Thyroxin und bei euthyreoten, gesunden Menschen sind die rT3-Spiegel innerhalb der Norm.

Bei einer Schilddrüsenüberfunktion ist der rT3-Wert zu hoch.

Während des Fastens nimmt die Umwandlung von T4 zu T3 um etwa 50 Prozent ab und die Umwandlung von T4 zu rt3 nimmt um fast 50 Prozent zu.

Unter katabolen (Stoffwechsel-abbauenden) Bedingungen wie Leber-Zirrhose und insulinabhängigem Diabetes mellitus nimmt die tägliche Produktion von T3 ebenfalls ab. Die Produktionsrate von rT3 bleibt normal, aber die Serumkonzentration von rT3 steigt trotzdem an aufgrund einer Verringerung des Abbaus von rt3. 

Nach operativen Eingriffen kann der rT3-Wert vorübergehend ansteigen, dies kommt durch den erhöhten Ausstoß von Cortisol durch die Operation, man nennt es auch „leichten chirurgischen Stress“. So fand man z.B. bei einer Studie (5) von 22 Personen mit Gallenblasen-Entfernung heraus, dass bereits vor der Operation das Gesamt-T3 abnahm und im Gegenzug der rT3 anstieg. 24 Stunden nach der Operation erreichte rT3 seinen höchsten Wert, Gesamt-T3 fiel im Verhältnis zum rT3 weiter ab.

Emotionaler Stress, starke Depressionen und Magersucht können ebenfalls den rT3-Wert erhöhen und fT3 und Gesamt-T3 senken. Je stärker die Erkrankung oder Entzündung, umso höher ist der Stress für den Körper und desto mehr Cortisol wird ausgestossen, welches die Umwandlung von T4 in T3 hemmt, fT3 sinkt auf niedrig normal und rT3 steigt über Norm.

Kann der rT3-Wert deine T3-Rezeptoren blockieren?

Das sogenannte „Dennis-Wilson-Syndrom“ – Dennis Wilson benannte das vermutete Syndrom nach sich selbst – sagt aus, dass ein Euthyroid-Sick-Syndrom auch nach Beendigung eines erhöhten Stresslevels weiter bestehen kann und nicht von alleine zurück geht und der Patient dauerhaft an einer Umwandlungsschwäche zugunsten einer erhöhten Produktion von rT3 leidet.

Viele Patienten vermuten das bei sich, es wird rT3 getestet und dann eine zeitweise T3-Only-Therapie begonnen. Das ist jedoch falsch und nicht nötig lt. Dr. John C. Lowe. 

Dr. John C. Lowe hat die Referenzen, die Dennis Wilson angibt, penibel studiert und ist darüber hinaus, wie er angibt, sämtliche Forschungs-Literatur dazu durchgegangen. Wortwörtlich sagt er: 

„Die von ihm (Wilson) zitierten Referenzen stützen nicht die Wahrscheinlichkeit eines solchen Mechanismus. Darüber hinaus habe ich keine Studien gefunden, die seine Hypothese stützen könnten, selbst nach einer umfassenden Suche in der Forschungsliteratur.“

Dr. John C. Lowe schreibt weiter, dass einige Patienten, die sich der von Dennis Wilson empfohlenen T3-only Behandlung unterzogen haben, durchaus von Verbesserungen berichten. Dr. Lowe bezweifelt das keineswegs; er sagt dazu, dass es sehr wahrscheinlich ist, dass diese Verbesserungen durch das direkte T3 kamen, jedoch nichts mit dem Wilson-Syndrom zu tun hatten.

Nach wie vor wird in Facebook-Gruppe propagiert, dass man eine T3-Only-Therapie benötigt, um einen hohen rT3-Wert zu beseitigen. Und es steht auch weiterhin auf der Seite von Janie Bowthorpe. Es ist aber eindeutig falsch lt. Dr. John C. Lowe und es gibt mittlerweile auch andere laute Stimmen, die erklären, warum Wilsons Hypothese von blockierten T3-Rezeptoren falsch ist. 

So erklärt zum Beispiel Barbara Lougheed auf ihrer Website tiredthyroid.com, dass T4 nicht immer alleine für einen hohen rT3-Wert verantwortlich ist. Hohe T4-Spiegel senken die D2-Enzymaktivität, was die Umwandlung von T4 zu T3 senkt. Hohe T3-Spiegel erhöhen jedoch die D3-Enzymaktivität, so dass mehr T4 in rT3 umgewandelt wird, um die T3-Spiegel normal zu halten.

Barbara Lougheed zeigt Studien (6) auf, die belegen, dass hohe rT3-Spiegel aufgrund von Fastenperioden nicht dauerhaft hoch blieben und wieder sanken, wenn diese Personen sich wieder normal ernährten. 

Hyperthyreose-Patienten haben sehr hohe rT3-Spiegel aufgrund der Überfunktion und kein Mensch würde diese Patienten mit T3-only behandeln, um ihre T3-Rezeptoren von rT3 zu befreien, oder? So wurden bei Personen mit Schilddrüsenüberfunktion bis zu 43 Mal höhere rT3-Werte im Blutserum gefunden als bei Personen mit Schilddrüsenunterfunktion. Und jetzt rechne dir das mal aus und lasse Dir den daraus resultierenden rT3-Wert bitte auf der Zunge zergehen, bevor Du über eine T3-only Therapie wegen angeblich blockierten T3-Rezeptoren nachdenkst.

Auch beschreibt Dr. John C. Lowe und Barbara Lougheed, dass rT3 eine sehr viel kürzere Zeit im Körper verbleibt als T3. So wird rT3 fast 3 Mal schneller als T3 abgebaut (6). Injiziertes rT3 erschien im Urin als Jod innerhalb von 24 Stunden (1). 

Weitere Artikel

Schilddrüsentest Selbsttest Dr. Broda Barnes

Schilddrüsentest Selbsttest Dr. Bruce Rind

Einstellung der Schilddrüse mit Novothyral/Thybon

Einstellung der Schilddrüse mit L-Thyroxin (T4-Monotherapie)

Einstellung der Schilddrüse mit Mischeinnahme von NDT und L-Thyroxin

Werterechner für ft4 und ft3

Quellen

Dr. John C. Lowe, „The Metabolic Treatment of Fibromyalgia“

(1) Chopra, I.J.: Nature, sources and relative biologic significance of circulating thyroid hormones. Werner and Ingbar´s The Thyroid: A Fundamental and Clinical Text, 6. Edition by L.E. Braverman and R.D. Utiger 1991, S. 130.

(2) Skovested, L.: Radioimmunoassays of T3, rT3 and rT2 in human serum. Acta Med. Scand. Suppl., 624: 19-24,1979.

(3 )Stockigt, J.R.: Serum thyrotropin and thyroid hormone measurements and assessment of thyroid hormone transport. Werner and Ingbars The Thyroid: A Fundamental and Clinical Text, 6. Edition by L.E. Braverman and R.D. Utiger.

(4) Comtois, R., Hebert, J., and Soucy, J.P.: Reversible hypertriiodothyroninaemia due to adrenal insufficiency. J. Intern. Med., 230 (1)

(5) Legakis, I.N., Golematis, B.C., Dourakis, N., Lymberopoulou, I., Mountokalakis, T.,and leandros, E.A.: Low T3 syndrome with asynchronous changes of TT3 and rT3 calues in laparoscopic cholecystectomy. Endocr. Res., 24 (2), 1998.

(6) www.tiredthyroid.com

Disclaimer

Meine Beiträge entsprechen einerseits meiner eigenen Meinung und Erfahrung und andererseits recherchiere ich qualitativ hochwertige Informationen, deren Quellen ich stets angebe. Die in meinen Beiträgen enthaltenen Informationen können keine Beratung durch einen Arzt ersetzen und sind keine medizinischen Anweisungen. Die Informationen dienen lediglich der Vermittlung von Erfahrungen und Wissen. Die Umsetzung meiner Tipps sollte stets mit einem qualifizierten Arzt oder Therapeuten abgesprochen werden.

Bildrechte: Stutterstock.com