Hier berichtet Dr. John C. Lowe über einen weiteren typische Fall einer Patientin mit Hashimoto, wie es täglich viele Patienten erleben.
Diese Patientin bekam von ihrem Arzt 2 grain natürliche Schilddrüsenhormone (NDT) verschrieben und fühlte sich mit dieser Dosis so gut wie noch nie in ihrem ganzen Leben, wie sie berichtete.
Der Arzt kontrollierte dann während eines Routinebesuchs auch ihre Schilddrüsenwerte und wies sie an, die Dosis aufgrund der Werte sofort auf 1 grain zu senken, der TSH wäre supprimiert und sie sei deswegen überstimuliert.
Die Patientin tat dies und fühlte sich fortan wieder sehr schlecht. Sie litt nun an Verstopfung, litt wieder an Depressionen und fror ständig.
Sie bat ihren Arzt darum, ihre Dosis wieder auf 2 grain erhöhen zu können. Ihr Arzt war jedoch dagegen und sagte ihr, dass sonst ihr Risiko für Osteoporose und Herzinfarkt steigen würde, wenn der TSH supprimiert sei.
Diese Patientin hatte nun die Wahl zwischen zwei Möglichkeiten, entweder sie blieb auf der geringen Dosis mit einem guten TSH-Wert und litt für den Rest ihres Lebens an jeder Menge Unterfunktions-Symptomen oder sie erhöhte eigenständig wieder auf 2 grain und hatte keine Unterfunktionssymptome mehr.
Allerdings supprimierte dann ihr TSH wieder.
Wie ging Dr. Lowe bei einem supprimierten TSH-Wert vor?
Dr. Lowe schreibt, dass es nicht stimmt, dass ein supprimierter TSH-Wert gleichzusetzen ist mit einem erhöhten Risiko an Osteoporose oder Herzinfarkten.
In der Tat ist es sogar so, dass bei dieser Patientin die höhere Dosierung den TSH zwar supprimiert, jedoch alle Symptome einer Schilddrüsenunterfunktion beseitigt. Somit wird ihre Knochendichte sogar zunehmen auf Dauer.
Da es ihr mit 2 grain sehr gut geht, ist die Wahrscheinlichkeit sehr viel höher, dass sie sich regelmässig bewegen wird als jemand, der aufgrund der herabgesetzten Dosierung an Depressionen leidet und ständig müde ist.
Osteoporose-Gefahr durch supprimierten TSH?
Die Knochendichte eines Menschen steigt durch Bewegung und das Calcium wird ebenfalls besser aufgenommen durch regelmässige Bewegung.
Wenn sie ihr Risiko für eine Osteoporose messen wollen, dann sollte eine Knochendichte-Messung durchgeführt werden. Der TSH-Wert gibt keine Auskunft über das Osteoporose-Risiko.
Dr. L. Brakebusch, Spezialistin für autoimmune Schilddrüsenerkrankungen in Konstanz, sagte bereits 2012 über einen supprimierten TSH-Wert aufgrund von T3-Einnahme (NDT oder Kombipräparat Novothyral oder LT+Thybon):
„… eine latente Überfunktion ist eine echte kontinuierlich bestehende Überfunktion – das ist etwas anderes als bei T3 Einnahme passiert. Ein erniedrigtes TSH ist kein Beweis für das Vorliegen einer Überfunktion. Bei der Einnahme von Kombipräparaten kann der TSH z.B. supprimiert also erniedrigt sein durch eine kurzfristige T3-Erhöhung…“.
Solange das freie T3 nicht oberhalb der Norm liegt, liegt keine Überfunktion vor. Auch nicht, wenn der TSH supprimiert ist.
Im Gegenteil. Ein freies T3 im untersten Drittel der Norm ist zwar noch normgerecht, ist aber laut mehreren Studien sogar ein Risikofaktor für zahlreiche Erkrankungen wie z.B. diese Studie über Brustkrebs zeigt oder diese Studie über kardiovaskuläre Erkrankungen.
Interessant ist auch, dass Patienten mit Schilddrüsenkrebs direkt auf einen supprimierten TSH eingestellt werden. Komischerweise hat da kein Arzt Angst vor einem Herzinfarkt- oder Osteoporoserisiko.
„…. Ziel ist, ein Wachstum von verbliebenen Schilddrüsenkrebszellen zu verhindern, welche durch das TSH stimuliert werden. Der TSH-Wert soll daher auf ≤ 0,1 mU/l gedrückt werden.“(Leitlinien der ATA auf Englisch, S. 794)
In den übersetzten Leitlinien der American Thyroid Association für Schilddrüsenkrebs heisst es dazu weiter:
„….Die schädlichen Wirkungen einer subklinischen Hyperthyreose (leichte Überfunktion) sind vor allem Risiken für das Herz-Kreislaufsystem und den Knochenabbau. Retrospektive Studien haben hier gezeigt, dass diese Risiken begrenzt sind, wenn die richtige LT4-Dosis sorgfältig überwacht wird, und das Überschreiten der Normwerte von FT4 und FT3 vermieden wird.…Im Falle einer Schwangerschaft muss die LT4-Dosis angepasst werden, bezogen auf die Messung des TSH-Werts. Im Falle einer Heilung, ist der beste TSH-Wert im unteren Normbereich, wenn die Frauen jedoch einen fortschreitenden Schilddrüsenkrebs haben oder eine hohes Risiko eines Wiederauftretens des Krebses besteht, sollte der TSH-Wert auf um 0,1 mU/l unterdrückt gehalten werden.„ (Hier die Original-PDF auf Englisch, Seite 794)
Wir sehen also auch hier, ein supprimierter TSH ist keinesfalls mit einer Überfunktion gleichzusetzen, solange sich die freien Werte fT3 und fT4 in der Norm befinden.
Im Gegenteil: Eine Einstellung mit T4 nur nach TSH ist sogar oft potentiell schädlich, wie diese Studie aus 2015 zeigt.
Quelle
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